Zinsregister Kloster Marienstern.pdf
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Beiträge zur Ortschronik und Heimatkunde unserer Dörfer –

Schiedel um das Jahr 1380

Von Walther Haupt in Görlitz, Ratsarchivar

Dem „Zinsregister des Klosters Marienstern", Domowina-Verlag Bautzen 1957, entnehmen wir die folgenden Angaben über unser Dorf Schiedel:

 

Name

Den mittelalterlichen Namen von Schiedel finden wir in drei verschiedenen Fassungen. Wir lesen ihn Schedelow, Schydelaw und Schzedelow. Alle drei Formen sind gleich alt. Die verschiedene Schreibweise ist als Versuch zu verstehen, unklar gesprochene Laute der Mundart mit einem der fünf üblichen Selbstlaute darzustellen. Ob y oder e, ob o oder a die richtige Schreibweise war, das

war Ansichtssache; ein amtliches Ortsnamenverzeichnis gab es damals noch nicht.

 

Grundstücke

Die Ortsflur von Schiedel war in 24 Grundstücke aufgeteilt. Acht Stellen waren je eine Hufe groß, weitere acht je eine halbe Hufe. Zu diesen 16 Stellen im Gesamtumfang von 12 Hufen kamen acht Gartennahrungen. Insgesamt hatte das Dorf also 24 Grundstücke. Außerdem hören wir von einer Mühle.

 

Einwohner

Das Zinsregister nennt die Namen von 23 Einwohnern. Der Bürgermeister oder Schultheiß hieß Rulo. Der Müller Petir oder Petrus besaß außer der Mühle zwei Gartengrundstücke. Die meisten Besitzer waren bereits zweinamig. Nur einen einzigen Namen hatten die Gärtner Jordan, Petrus, Elizabeth und der Halbhüfner Kuncze. Die Rufnamen sind überwiegend christlicher Herkunft. Sie sind von den Namen Andreas, Jacobus, Johannes, Martin, Matthäus, Nicolaus und Petrus, abgeleitet. An deutschen Namen treffen wir Ableitungen von Heinrich, Konrad und Reinhard. Die Zunamen sind meist nach dem Beruf und der Herkunft oder mit dem Vatersnamen gebildet. Nach ihrer Herkunft aus Radeberg und Schönau heißen Matei Radeberg und Jochof Schzonow. Am Dorfende wohnte Nickil in fine oder Am Ende. Berufsbezeichnungen sind die Zunamen Weber, Scultetus = Bürgermeister, Sartor = Schneider, Molendinator = Müller. Vatersnamen tragen z, B. Cunradus Andree, Jon Martini, Hannos Matei, Rencz Kunadis. Hier finden wir auch die slawischen Formen Czhaczlow, Drozslow und Hozczen. Einen Spitznamen hat vielleicht Hannos Koukeler; er heißt wohl im heutigen Deutsch Gaukler und soll Spaßmacher bedeuten. Der Familiennamen Meit ist, wie man an anderen Stellen des Zinsregisters nachlesen kann; eine Entstellung von Martin oder Mertin. Ferner fällt uns der Familienname Wyman auf.

 

Abgabenhöhe

Die Abgaben der Bauern von Schiedel waren, im Gegensatz zu vielen anderen Dörfern, ganz einheitlich. Jede Hufe hatte den gleichen Geldbetrag zu entrichten, jede die gleichen Abgaben an Getreide und tierischen Erzeugnissen zu leisten. Auch die Dienstverpflichtungen waren gleich. Nur hatte der Halbhüfner eben nicht mehr als die Hälfte der Verpflichtungen eines Ganzhüfners. Ebenso waren die Leistungen aller Gärtner gleich hoch.

 

Abgaben: Geldzinsen

Jede Hufe zinste jährlich 10 Groschen, jede Halbhufe 5 Groschen, jeder Gärtner 3 Groschen. Der Zins der Mühle betrug 12 Groschen. Von allen Abgabepflichtigen war der Zins zu gleichen Teilen an den beiden Zinsterminen Walpurgis und Michaelis zu entrichten. Auf diese Weise kamen in ganz Schiedel jährlich 2 Schock 36 Groschen ein, das sind 8 2/3 Goldgulden oder fast 30 g Gold.

 

Abgaben: Sachleistungen

Auf jeder Hufe ruhte die Verpflichtung zur Abgabe von jährlich einem Scheffel Roggen und Hafer, auf der halben Hufe also je ein halber Scheffel. Die Gärtner waren von der Getreidelieferung befreit. Insgesamt brachte das Dorf Schiedel jährlich 12 Scheffel Roggen und 12 Scheffel Hafer ein.

Außerdem lieferte das ganze Dorf insgesamt 1/ 4 Scheffel Mohn und 1/ 4 Scheffel Hanf. Sie waren am Aschermittwoch fällig. Die Verwendung des Mohns ist selbstverständlich; man nahm ihn zum Backen. Schiedel ist aber neben Cannewitz und Ostro einer der drei Lieferanten für Hanf.Wozu die Hanfkörner dienten, ist nicht mehr bekannt. Ob man sie den Singvögeln streute, sie als ein einfaches Genußmittel selber knabberte, ob sie als Saatgut zum Anbau dieser Faserpflanze dienten? Jede Hufe mußte jährlich 2 Hühner, 15 Eier und einen Käse im Werte von 2 Hellern abgeben. Der Abgabeter-min für den Käse war "zu Pfingsten. So erhielt das Kloster vom .ganzen Dorfe jährlich 32 Zinshühner, 3 Schock Eier und 12 Käse. Die Gärtner waren von dieser Abgabe ausgenommen.

 

Dienstleistungen

Auf der ganzen Hufe und auf jedem Garten lag die Verpflichtung zur Leistung von jährlich 2 Tagen Handdienst mit der Sichel, die Halbhüfner dienten also jährlich einen Tag. Das ganze Dorf leistete jährlich 40 Tage Handdienst. Früher lag auf den Hufen und Halbhufen auch noch die Verpflichtung zum Pflugdienst. Dieser war aber im ganzen Dorfe inzwischen abgelöst worden durch Zahlung von 3 Groschen auf die Hufe oder anderthalb Groschen auf die halbe Hufe. Die Gesamtsumme dieses Ablösungsbetrages belief sich auf jährlich 36 Groschen oder 2 Goldgulden gleich knapp 7 g Gold.

 

Dingpfennige

Dreimal im Jahre kam der Klostervogt nach. Schiedel, um dort die klösterliche Gerichtsbarkeit auszuüben, d. h. diejenigen Streitfälle zu verhandeln, die nicht unter die Zuständigkeit des Dorfgerichtes oder des Bürgermeisters fielen. Seine Entschädigung bestand in freier Beköstigung an den drei Gerichtstagen. Der Vogt konnte aber seinen Lohn statt in Naturalverpflegung auch in Geld verlangen und erhielt dann dreimal im Jahre dinkpfennege oder Dingpfennige, eine Geldentschädigung in nicht genannter Höhe, deren mittelalterlicher Name soviel wie Gerichtsge­bühr bedeutet.

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Aus unseren bisherigen Beiträgen werden sich unsere Leser ein Urteil über den Wert und die Vielseitigkeit des Mariensterner Zinsregisters gebildet haben. Gewiß wird es sich mancher auf den Weihnachtstisch wünschen oder einem Heimatforscher und Heimatfreund unter den Lichterbaum legen.

 

 

 

 

Aus : Kamenzer Kulturspiegel 1957/12